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Wie man im Moment präsent ist: Praktische Strategien für mehr Achtsamkeit

Nach 18 Jahren in Führungspositionen habe ich gelernt, dass die Fähigkeit, im Moment präsent zu sein, nicht nur eine Wellness-Übung ist – sie ist eine geschäftskritische Kompetenz. Ich erinnere mich an ein Meeting im Jahr 2019, bei dem ich physisch anwesend war, aber mental bereits beim nächsten Projekt. Das Ergebnis? Ich verpasste einen entscheidenden Hinweis eines Kunden, der uns später einen sechsstelligen Auftrag kostete.

Die Realität ist, dass unsere moderne Arbeitswelt uns ständig in verschiedene Richtungen zieht. E-Mails, Slack-Nachrichten, Zoom-Calls und die permanente Erreichbarkeit haben unsere Aufmerksamkeitsspanne drastisch reduziert. Die Forschung zeigt, dass der durchschnittliche Wissensarbeiter seine Aufmerksamkeit alle 3-5 Minuten wechselt. Doch die erfolgreichsten Menschen, die ich kenne, haben eine Gemeinsamkeit: Sie beherrschen die Kunst, im Moment präsent zu sein.

In diesem Artikel teile ich acht konkrete Strategien, die ich über Jahre entwickelt und verfeinert habe. Diese Methoden sind nicht aus einem Lehrbuch – sie stammen aus echten Situationen, aus Erfolgen und vor allem aus Fehlern. Ich zeige Ihnen, wie man im Moment präsent ist, ohne dabei die Produktivität zu opfern. Denn seien wir ehrlich: Präsenz ohne Ergebnisse interessiert niemanden im Geschäftsleben. Es geht darum, beides zu verbinden – tiefe Präsenz und messbare Leistung.

Die Macht der bewussten Atmung im Arbeitsalltag

Wenn mir jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, dass Atemübungen meine Verhandlungsergebnisse verbessern würden, hätte ich gelacht. Heute ist die bewusste Atmung mein wichtigstes Werkzeug für Präsenz. Die Wissenschaft dahinter ist einfach: Wenn wir gestresst sind, atmen wir flach und schnell. Das signalisiert unserem Körper Gefahr und aktiviert den Kampf-oder-Flucht-Modus – genau der falsche Zustand für strategisches Denken.

Ich habe eine simple Technik entwickelt, die ich vor wichtigen Gesprächen anwende: 4-7-8 Atmung. Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden halten, acht Sekunden ausatmen. Drei Durchgänge reichen, um den Parasympathikus zu aktivieren und mentale Klarheit herzustellen. Das klingt esoterisch, aber die Resultate sprechen für sich. Seit ich diese Praxis vor Verhandlungen einsetze, haben sich meine Abschlussraten um 23% verbessert.

Der Schlüssel liegt darin, die Atmung als Anker zu nutzen. Wenn Sie merken, dass Ihre Gedanken abschweifen – sei es in Meetings oder bei konzentrierter Arbeit – kehren Sie zur Atmung zurück. Ich nenne das den “Reset-Button”. Es dauert keine fünf Sekunden, aber es bringt Sie sofort zurück in den gegenwärtigen Moment. Ein Vorstandsmitglied, mit dem ich zusammenarbeite, nutzt diese Technik vor jeder wichtigen Entscheidung. Seine Worte: “Es ist wie ein mentaler Neustart.”

Was viele nicht verstehen: Bewusste Atmung ist keine Auszeit von der Arbeit – sie ist eine Investition in bessere Ergebnisse. In stressigen Situationen neigen wir dazu, schnelle, oft fehlerhafte Entscheidungen zu treffen. Die paar Sekunden bewusster Atmung schaffen den mentalen Raum für klügere Entscheidungen. Das ist der Unterschied zwischen reaktivem und proaktivem Führen.

Digital Detox: Grenzen setzen in einer hypervernetzten Welt

Die unbequeme Wahrheit ist: Wir sind alle süchtig nach unseren Geräten. Ich habe das bei mir selbst festgestellt, als ich merkte, dass ich mein Smartphone durchschnittlich 87 Mal am Tag checkte. Das war 2020, und ich rechtfertigte es mit “Ich muss erreichbar sein”. Doch die Realität war eine andere – ich war ein Sklave meiner Notifications.

Der Wendepunkt kam, als ein wichtiger Kunde mir sagte: “Sie sind physisch hier, aber ich spüre, dass Sie nicht wirklich anwesend sind.” Das traf mich hart. Ich entschied mich für ein radikales Experiment: Keine Smartphone-Nutzung während Meetings und Arbeitsblöcken. Die ersten Tage waren qualvoll. Die FOMO (Fear of Missing Out) war real. Doch nach zwei Wochen stellten sich bemerkenswerte Veränderungen ein.

Meine Produktivität stieg um 40%, weil ich nicht mehr zwischen Aufgaben hin- und hersprang. Noch wichtiger: Meine Beziehungen zu Kollegen und Kunden vertieften sich. Menschen spüren, wenn man ihnen volle Aufmerksamkeit schenkt. Das schafft Vertrauen und öffnet Türen. Ich implementierte dann “Digital Detox Slots” in meinem Kalender – feste Zeiten, in denen ich komplett offline bin.

Die praktische Umsetzung sieht so aus: Von 9 bis 11 Uhr morgens ist mein Handy im Flugmodus. Während Meetings liegt es außer Sichtweite. Für wirklich dringende Fälle haben meine Kernkontakte meine Festnetznummer. In drei Jahren gab es genau zwei echte Notfälle. Alle anderen “dringenden” Nachrichten konnten zwei Stunden warten. Die Lektion: Die meisten Dinge, die sich dringend anfühlen, sind es nicht wirklich.

Mono-Tasking statt Multitasking: Der unterschätzte Wettbewerbsvorteil

Multitasking ist eine Lüge, die uns die Technologiebranche verkauft hat. Ich habe das auf die harte Tour gelernt. Im Jahr 2017 jonglierte ich gleichzeitig drei große Projekte, beantwortete E-Mails während Conference Calls und schrieb Berichte, während ich Präsentationen anhörte. Ich fühlte mich produktiv und wichtig. Die Realität? Alle drei Projekte litten unter mangelnder Qualität, und ich machte Fehler, die uns später teuer zu stehen kamen.

Das menschliche Gehirn ist nicht für Multitasking gebaut – es wechselt schnell zwischen Aufgaben. Jeder Wechsel kostet kognitive Energie und Zeit. Studien zeigen, dass wir bis zu 40% unserer produktiven Zeit durch Task-Switching verlieren. Das ist fast die Hälfte unserer Arbeitszeit, die wir einfach verschwenden. Als ich begann, mich auf eine Aufgabe zur Zeit zu konzentrieren, war die Verbesserung dramatisch.

Ich führte das “One Thing”-Prinzip ein: Jeden Morgen identifiziere ich die eine wichtigste Aufgabe des Tages. Diese bekommt meine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit für mindestens zwei Stunden. Keine E-Mails, keine Calls, keine Ablenkungen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Qualität meiner Arbeit stieg signifikant, und ich erledigte mehr in vier fokussierten Stunden als vorher in acht zersplitterten.

Der praktische Trick: Ich blockiere morgens von 8 bis 10 Uhr meinen Kalender mit “Deep Work”. Kollegen wissen, dass ich in dieser Zeit nicht verfügbar bin. Am Anfang gab es Widerstand – “Aber was, wenn etwas Wichtiges ansteht?” Nach einem Monat akzeptierten es alle, weil sie sahen, dass ich mehr und bessere Arbeit ablieferte. Mono-Tasking ist kein Luxus – es ist eine strategische Notwendigkeit in einer Welt voller Ablenkungen.

Körperliche Präsenz kultivieren: Die vergessene Dimension

Die meisten Ratschläge zur Präsenz konzentrieren sich auf den Geist, ignorieren aber den Körper. Das ist ein fundamentaler Fehler. Ich erkannte das bei einem mehrtägigen Workshop, bei dem ich stundenlang saß und versuchte, “präsent” zu sein. Mein Geist war träge, mein Körper verspannt, und echte Präsenz war unmöglich. Der Durchbruch kam, als ich verstand: Präsenz ist verkörpert, nicht nur mental.

Ich begann, stündlich kurze Bewegungspausen einzulegen. Keine aufwendigen Übungen – einfach aufstehen, strecken, ein paar Schritte gehen. Der Unterschied war sofort spürbar. Meine Energie stabilisierte sich über den Tag, und meine Konzentrationsfähigkeit verbesserte sich drastisch. Die Daten unterstützen das: Regelmäßige Bewegung erhöht die Durchblutung des Gehirns und verbessert kognitive Funktionen um bis zu 30%.

Ein Geschäftsführer, den ich coachte, war anfangs skeptisch. “Ich habe keine Zeit für Bewegungspausen”, sagte er. Ich forderte ihn zu einem vierwöchigen Experiment auf: Jede Stunde fünf Minuten Bewegung. Nach zwei Wochen berichtete er: “Ich schaffe mehr in sieben Stunden mit Pausen als vorher in neun ohne.” Seine Entscheidungsqualität verbesserte sich, und sein Stresslevel sank merklich.

Die Umsetzung ist simpel: Stellen Sie einen Timer für 50 Minuten. Arbeiten Sie fokussiert. Wenn der Timer klingelt, stehen Sie auf und bewegen Sie sich für 5-10 Minuten. Dehnen Sie sich, gehen Sie eine Runde, machen Sie ein paar Kniebeugen – was auch immer Ihnen guttut. Diese Routine hat meine Arbeitsweise transformiert. Körperliche Präsenz ist die Grundlage für mentale Präsenz. Ignorieren Sie Ihren Körper, und Ihr Geist wird folgen.

Aktives Zuhören: Die unterschätzte Leadership-Kompetenz

Ich dachte immer, ich sei ein guter Zuhörer – bis mir ein Mentor 2016 sagte: “Sie hören zu, um zu antworten, nicht um zu verstehen.” Das war schmerzhaft, aber wahr. Ich wartete nur darauf, dass mein Gegenüber aufhörte zu sprechen, damit ich meine Punkte anbringen konnte. Echtes, aktives Zuhören war mir fremd. Das änderte sich, als ich begriff: Zuhören ist die ultimative Form von Präsenz.

Aktives Zuhören bedeutet, vollständig bei den Worten des anderen zu sein – ohne innerlich seine Antwort zu formulieren, ohne zu urteilen, ohne abgelenkt zu sein. Es klingt einfach, ist aber eine der schwierigsten Fähigkeiten, die ich je entwickelt habe. Die Technik: Wenn jemand spricht, konzentriere ich mich ausschließlich auf seine Worte, seinen Tonfall, seine Körpersprache. Ich nehme innerlich keine Position ein, bis die Person fertig ist.

Die Resultate waren verblüffend. In Verhandlungen begann ich, Nuancen zu hören, die mir früher entgangen waren – unausgesprochene Bedenken, versteckte Bedürfnisse, subtile Hinweise. Ein Großkunde sagte mir nach einem Meeting: “Das ist das erste Mal, dass ich das Gefühl habe, jemand hat wirklich verstanden, was wir brauchen.” Dieser Deal wurde zu einem unserer profitabelsten Projekte. Aktives Zuhören ist nicht nur höflich – es ist strategisch wertvoll.

Die praktische Übung: In Ihrem nächsten Gespräch, zählen Sie bis fünf, nachdem die andere Person aufgehört hat zu sprechen, bevor Sie antworten. Diese kurze Pause zwingt Sie, wirklich zu verarbeiten, was gesagt wurde, statt automatisch zu reagieren. Stellen Sie dann eine klärende Frage, bevor Sie Ihre Meinung äußern. “Verstehe ich richtig, dass…” Diese simple Technik hat meine Kommunikationseffektivität revolutioniert.

Meditation für Skeptiker: Was wirklich funktioniert

Ich war der typische Meditation-Skeptiker. “Ich habe keine Zeit, still zu sitzen”, “Das ist nichts für mich”, “Ich kann nicht meinen Kopf ausschalten” – all diese Ausreden hatte ich parat. Dann traf ich 2018 einen CEO, der mir sagte, Meditation sei der Grund für seinen Erfolg. Er führte ein 500-Millionen-Unternehmen und meditierte täglich 20 Minuten. Ich dachte: Wenn er Zeit dafür hat, dann habe ich keine Ausrede mehr.

Ich startete mit nur fünf Minuten täglich. Keine religiösen oder esoterischen Elemente – einfach sitzen und atmen. Die ersten Wochen waren frustrierend. Mein Geist sprang herum wie ein überdrehter Affe. Doch ich blieb dabei, und nach etwa drei Wochen begann sich etwas zu verschieben. Ich wurde ruhiger, fokussierter, weniger reaktiv.

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